Tag 7 – Auf Glaubensspuren unterwegs

Als ich aufwache, habe ich meinen Kiefer ungefähr unter den Kniekehlen hängen, mein Rücken hat Schlagseite wie der schiefe Turm von Pisa, von den Kopfschmerzen fange ich gar nicht erst an… So schön unsere Villa Lanusei auch ist, aber die Betten sind furchtbar. Da ich ohnehin dazu neige, mich im Schlaf zu verdrehen wie ein Schraubengewinde, sind durchhängende Matratzen Gift für mich, und meine Laune ist nicht die Beste, als ich die Augen aufschlage. Da ist es auch ein kleiner Trost, dass Heavy mir den Kaffee ans Bett geholt hat.
Das italienische Frühstück ist der nächste Punkt. Grauenhaft.
Ich kann Süßigkeiten nicht besonders viel abgewinnen. – Hier gibt es jeden Morgen zuckergußüberzogene Croissants, wahlweise auch mit übelst süßem Puddingquatsch gefüllt. Ich freue mich jetzt schon auf das erste Frühstücksei und ein stinknormales Wurstbrot nach dem Urlaub. Und natürlich auf mein Bett…Aber genug rumgeunkt. Rom ist toll, und diese Unannehmlichkeiten nehme ich gern für eine Woche in Kauf.
Nachdem wir Donnerstag nicht besonders erfolgreich darin waren, den Petersdom zu besichtigen, holen wir dies heute nach und machen uns entsprechend früh auf den Weg. Ich habe dazu gelernt und trage trotz aufsteigender Hitze meine Chucks und eine Jeans. Eine kurze Hose und offene Schuhe habe ich im Rucksack, sodass die Erleichterung absehbar ist.

Auf dem Weg zum Petersplatz diskutieren wir das Pro und Contra eines Guided-Tour-Passes. Die Preise dafür sind relativ hoch, allerdings ist der unschlagbare Vorteil das „No Cewing“, sprich: Wir könnten uns die zweistündige Warteschlange sparen. Nachteil: Es gibt keine Pässe für eine bloße Besichtigung der Basilica, stattdessen müssten wir nochmal in die Vatikanischen Museen.

Heavy mit verräterischer Touri-Marke

Da wir um 14.30 Uhr mit Gabriel, dem Priester vom ersten und zweiten Tag, am Colosseum verabredet sind, entscheiden wir uns für den Pass und tun gut daran:
Unsere Reiseführerin versorgt uns via Kopfhörer mit interessantem Detailwissen über die Sixtinische Kapelle und auch einige andere Räume in den Museen. Heavy verzichtet diesmal auf die Knipserei, sodass wir das bereits Gesehene diesmal ganz anders auf uns wirken lassen können.
Ich bin ein bisschen stolz auf mich, weil ich meine Englischkenntnisse schlechter eingeschätzt habe als sie sind. Eigentlich verstehe ich fast alles, was Samantha erzählt.
In den letzten Tagen habe ich da eh eine gute Entwicklung festgestellt. Anfangs hatte ich große Scheu, mich nur mit Giovanni, unserem freundlichen Zimmerservice, auf Englisch auseinander zu setzen. Und auch in der Stadt war ich froh, Heavy bei jeglichem Außenkontakt vorschieben zu können. Der hat da nach seinem Irlandaufenthalt wohl weniger Berührungsängste. Vor zwei Tagen bin ich dann endlich etwas aufgetaut und quatsche nun selbst drauflos.

Willkommene Abkühlung am Marmor

Die geführte Tour dauert etwas mehr als zwei Stunden, hat sich aber für uns voll gelohnt.
Diesmal verzichten wir auf die gefährliche Pause und laufen im Anschluss direkt in die Basilica. Die Größenverhältnisse sind nicht nur von außen gigantisch, Prunk und Blattgold tun ihr Übriges.
Leider, vermutlich auch wegen 9/11, ist ein großer Teil des Mittelschiffes abgesperrt, sodass wir die Bodenmarkierungen nicht sehen können, die einen schönen Größenvergleich zu den anderen Großkirchen der Welt darstellen. Auch das Grab des Petrus ist nicht zur Besichtigung freigegeben, und selbst die Papstgräber sind nicht zugänglich.
Heavy ist trotzdem beeindruckt genug, um seine Kamera zu bemühen.
Um kurz vor zwei sitzen wir, ich inzwischen umgezogen, auf den Stufen des Petersplatzes und halten nach knappen drei Stunden Laufen und Reizüberflutung unsere wohlverdiente Pause ab.

Danach geht’s mit einigen Hindernissen zum Colosseum, wo Gabriel schon auf uns wartet.
Wir entscheiden uns nochmal für unser erstes Restaurant „Il Clementino“. Büffelmozzarella, Parmaschinken, panierte Artischocken, Lammkeulen und ricottagefüllte Spinatravioli werden aufgetischt – das Essen ist oberklasse.

Gabriel erzählt uns offen von seiner Sinnsuche zu Zeiten seiner Krankenpflegertätigkeit und der daraus resultierenden Entscheidung, sein Leben in der Passionistengemeinschaft fortzuführen. Inzwischen arbeitet er in der Krankenhausseelsorge und studiert immernoch fleißig Theologie. Faszinierend finde ich, dass er auf alle meine zweifelnde Fragen eine plausible Antwort fand. Er hat genau diese Ausstrahlung, die ich so bewundere, wenn jemand seinen Weg gefunden hat und „in sich“ (in seinem Fall wohl eher „mit Gott“) seinen Frieden gefunden hat.
Ausblick vom Klostergarten

Il Clementino schließt um 17 Uhr, sodass wir uns im Anschluss auf den Weg zu Gabriels Kloster machen und er uns den wunderschönen Garten und Teile des Innenbereichs zeigt. Diese Ruhe ist faszinierend – obwohl das Gelände direkt oberhalb der Hauptstraße ums Colosseum liegt, hört man nahezu hier nichts vom römischen Straßenlärm. Der Ausblick ist superschön. Ich kann mir gut vorstellen, dass man sich hier perfekt entschleunigen kann, wenn einem der Alltag zu hektisch und oberflächlich wird.

Klostergarten mit Ruinen vom Aquädukt
Auf dem Weg zurück in die Stadt

Heute ist unser letzter „richtiger“ Tag in Rom. Das Treffen mit Gabriel und der Klosterbesuch waren nicht nur eine Bereicherung, sondern auch ein passender Abschluss für unseren Aufenthalt.
Morgen wird gepackt, und um 19.35 Uhr startet die Maschine nach Malta.
Ich bin gespannt auf das, was uns dort erwartet!

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