Wie Stuhlgang und die fränkische Siesta uns zum Verhängnis wurden

Es ist zu heiß zum Frühstücken…
Der Tipp meines Vaters, das Vorzelt in Richtung Osten aufzustellen, mag für den Nachmittag/Abend die angenehmere Lösung sein. Wenn man allerdings einen Großteil des Tages auf Achse ist und erst bei Eintritt der Dunkelheit wieder zurück kehrt, sollte man diese Vorgehensweise überdenken. Im Vorzelt staut sich die Hitze auf 33°C um 9 Uhr morgens. Dabei ist es so windig, dass der Sonnenschirm, den wir für die Schattenversorgung eingepackt haben, sich immer wieder dreht, und der Hitzestern ballert direkt auf den Tisch.Der Lebensmittelchemiker im Heavy macht sich direkt nach dem Aufwachen Sorgen um unsere Gesundheit. Ich bekomme einen Einlauf, weil ich nicht sofort nach dem Aufstehen die Gemüsetasche in den Schatten gestellt habe, sondern nur schlaftrunken eine Kanne Kaffee aufgegossen habe. Ich sitze rauchend auf unserer neuen, schnuckeligen Bierbank und oxidiere vor mich hin.
Wurst, Käse und Fleischsalat (!) werden heute nicht auf den Tisch geräumt, sondern die fränkischen Kaiserweck im Caravan vorbereitet.
Kennt ihr das? Die ersten Tage in der Fremde ist man irgendwie andauernd mit seiner Verdauung beschäftigt. Entweder kämpft man gegen einen sich anbahnenden Durchfall, oder es kommt einfach nichts… Und – ja, man tauscht sich darüber aus. Fast wie im Krankenhaus. Wobei wir da ein wenig anders kommunizieren. Aber letztlich kommt’s wohl auf dasselbe raus: „Wie ist der Stuhl?“

Warum ich das schreibe? Es war der Stuhl, der uns an diesem Samstag aufhielt. Und es war unsere eigene Doofheit, dass wir nicht vorbereitet waren. Darauf nämlich, dass der Franke an sich es genau nimmt mit seiner Mittagspause. Zwischen 12 und 15 Uhr ist die Campingplatzschranke zu, und sie bleibt es auch, beharrlich. Am Eingang befindet sich zwar ein Din-A1-großes Schild, aber unsere körperliche Verfassung bei Anreise ließ es nicht mehr zu, irgendwas von marginaler Wichtigkeit wahrzunehmen, oder wenigstens zu selektieren, was noch wichtig werden KÖNNTE. Der langen Rede kurzer Sinn… aufgrund verdauungstechnischer Startschwierigkeiten ist es zwei Minuten nach zwölf, als wir beschließen, den Campingplatz zu verlassen, um vor der Hitze zu fliehen. – Da besagter Franke alias Campingplatzinhaber seine wohlverdiente Siesta abhält, sind wir also gezwungen, bis 15 Uhr Zwischenlösungen zu suchen.
Ich lege mich  also mit meiner Yogamatte hinter den Wohnwagen in den Schatten, während Heavy den Campingplatz mit seinen Klebe- und Beschichtungsgeschichten unterhält. Mir ist das lieber so. Ich kann sie mittlerweile auswändig und neige dann zu zwanghaftem Augenrollen. Damit werde ich nicht zum Sympathieträger. Außerdem habe ich so ein bisschen Zeit, abzuschalten.
Als auch die letzte Adhäsionsgeschichte zuende erzählt ist, beschließen wir, uns noch ein gekühltes Wasser an der Cafeteria zu gönnen und bekommen die letzte halbe Stunde bis zur Öffnung der Schranken so auch ganz gut rum.

In der Teufelshöhle in Pottenstein sind es 9°C. Wunderbar. Zwar merkt man beim Einatmen deutlich die Luftfeuchtigkeit, aber ich persönlich genieße die 45 Minuten wirklich. Und trotzdem meldet sich mein Neuröschen wieder… Was, wenn die 130 Meter Steingebilde über uns einfach einstürzen und wir darunter begraben werden? Ist das ein angenehmerer Tod als durch einen Hitzschlag zu sterben? Ich vermute wenigstens, dass es schneller geht und beschließe, die Gedanken wegzuschieben.
Das Gewölbe und die Figuren sind schon echt beeindruckend. Und es ist kaum vorstellar, dass so viele tausend Jahre vergangen sind, bis das alles hier so war wie es jetzt ist. Ich gebe zu, viele Stalakdingens sehen einfach nur phallisch aus.

Am Ausgang übermannt uns zunächst der Temperaturunterschied, aber das bewachsene Felslabyrinth, was uns draußen erwartet, ist wunderschön.
Inzwischen knurren die Mägen gewaltig. Da wir einmal in der fränkischen Schweiz unterwegs sind, liegt es nahe, dass wir einen Abstecher nach Zeegendorf zum Gasthaus Stark machen. Bei unserem letzten Bamberg-Besuch hatte „Schnitzelhausen“ nämlich zu, und mein Heißhunger auf die legendäre Rahmsauce ist nach 9 Jahren Abstinenz nicht gestillt.

Auch Heavy ist mit seinem Schnitzel zufrieden. Um 19 Uhr sind wir fertig und wollen zurück zum Altmühlsee zum „See in Flammen“.
Die Rückfahrt gestaltet sich abenteuerlich. Google-Handys mit Navigation sind was Feines, nützen aber rein gar nichts, wenn der Akku leer ist. Wer schonmal hier in der Gegend war, weiß, wie weit die Strecken bis zur nächsten Autobahn sind. So ist es nicht besonders leicht, sich zu orientieren, wenn auf den Wegweisern zwar schnuckelige Örtchen wie „Wernsdorf“, „Hirschhaid“ und „Muhr“ ausgeschildert sind, nicht aber entscheidende Richtungen wie „Nürnberg“ oder „Heilbronn“. Natürlich geht die Suche nach dem richtigen Weg nicht ohne ausufernde Diskussionen, wer der bessere Pfadfinder von uns Beiden ist, vonstatten. Da ich aber sowas Ähnliches wie einen Heimvorteil habe, gibt Heavy sich irgendwann geschlagen, und ich finde tatsächlich den Weg zur A6 zurück. Leider bringt uns auch das nicht wirklich weiter, denn bei Schwabach erwartet uns eine Vollsperrung. So kommt es, dass wir für eine Strecke von 120km lässige 3 Stunden brauchen und wir uns irgendwann nur noch genervt anschweigen. Da ich nur meine Sonnenbrille dabei habe, ist die Sicht in der Zwischenzeit mehr als bescheiden. Tauschen können wir auch nicht, nachts sieht Heavy eher noch schlechter und hat außerdem 2 Halbe getrunken.
Es ist kurz vor elf, als wir einen Parkplatz am Campingplatz finden, und das Feuerwerk fängt gerade an. Vom eigentlichen Fest, das um 19 Uhr angefangen hat, haben wir nichts mitbekommen. Ich bin von dem Blindflug der letzten 70km so müde, dass mich das Feuerwerk mal kreuzweise kann.
Morgen wird’s kühler, und die Fahrtstrecke nach Dinkelsbühl ist mit 40km so gering angesetzt, dass wir gute Chancen haben, auch mit Staus vor Einbruch der Dunkelheit den Campingplatz zu erreichen. Wir treffen uns wieder mit Melanie, die uns eine gute Stadtführerin in ihrer Heimatstadt sein wird. Wenn das Wetter hält, wird danach der Grill angeworfen. :-)

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