Tag 2 – wie wir das Colosseum nicht besuchten…
Heavy beim Planen |
Das Hotelfrühstück in der Villa Lanusei (Lateran), bestehend aus frisch gebrühtem Kaffe und gefüllten Croissants haben wir uns ins Bett geholt, um die Tagesplanung mit Vis-à-Vis Reiseführer (im weiteren Verlauf nur noch als VaV bezeichnet) und Stadtplan hocheffizient zu gestalten. Schön, dass einen niemand zwingt schon um 9:30 durch die Stadt zu latschen…
Gegen 13:30 unternahmen wir also die ersten vorsichtigen Schritte in Richtung Bahnhof Termini, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln das Colosseum aufzusuchen. Der Weg führte als Erstes zur Piazza di Porta Maggiore, wo die Aufgabe gesteigerten Schwierigkeitsgrads darin bestand, der Logik römischer Verkehrsführung zu folgen. Schwierig! Nach dem Erwerb eines Wochentickets (günstige 16,00 EUR p.P.) für den (R)Ö(M)-PNV, und diversen Minuten interner Diskussion über Himmelsrichtungen, Straßennamen und Uhrzeiten fassten wir uns ein Herz und wählten die voll besetzte Linie 5 als Verkehrsmittel unserer Wahl, um am Bahnhof Termini in die Metro B -> Laurentina umzusteigen. 2 Stationen waren schnell überwunden, Sonnenbrille aufgesetzt, in den Touristenmob eingegliedert, Kamera und Bargeld fest im Griff, die letzten Stufen des unterirdischen Molochs hinter uns gelassen und…
Der erste Blick aufs Colosseum |
WOW! Das ist nicht das Neusser Obertor, und hier gibt’s sogar Palmen hinter den Pinien… Meine kleine Börsch hat dieser Anblick bereits vor vielen Jahren beeindruckt, ich selbst kam allerdings nicht umhin, spätestens jeden dritten Schritt anzumerken, dass ich so etwas Schönes noch nie gesehen habe. Da kommt noch nicht mal der 6-Flags-Magic-Montain-Rollercoaster-Park in L.A./USA dran. Auch nicht die Pforte von Petra/Jordanien, die seinerzeit aufgrund ihrer Imposanz in „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ mitspielen durfte…
Il Clementini |
Weil man vom Steinegucken aber eher hungrig wird als satt, und auch weil im Colosseum eine mehrere 100 Japaner umfassende Warteschlange zur Abschreckung neugieriger Europäer installiert wurde, trafen wir basisdemokratisch die Entscheidung, der kulinarischen Empfehlung unseres VaV zu folgen und vorbei an tamilo-italienischen Kundenfängern und afro-italienischen Rolexverkäufern auf der Via San Giovanni das einfache aber leckere Il Clementini (Hausnummer 106, gegenüber von der Kirche San Clemente) aufzusuchen.
(off topic: Ich sehe gerade, dass der BVB deutscher Meister und die Fortuna wieder Dritter ist, geil!)
Nach dem Essen – voll gefressen. Wat nu‘? Schlafen? Wäre eine Möglichkeit, aber da wir uns nicht nachsagen lassen wollen, übertriebenen Müßiggang zu zelebrieren: Ab zum Forum Romanum, wo ich mit Mühe und Not dem monetären Bestreben eines vermutlich illegal eingereisten Centurios entkommen konnte.
alberner Centurio |
Die mit ihm posierenden Damen (eine sah aus wie Leni Riefenstahl) baten mich ein Foto anzufertigen, was den Mann mit dem Plastikschwert anschließend dazu veranlasste, ein lustiges Revanchefoto mit mir als Trottel und ihm als Casanova mit meiner Börsch einzufordern. (Eine Weltneuheit an Geschäftsidee und wohl auch Marktlücke… wenn er nicht versucht hätte mir mit seinem Plastikschwert die Familienjuwelen abzuschneiden. Hat zum Glück nich geklappt, trotzdem wollte der Kollege 2 Euro von mir für seinen Model-Job haben. Hatte ich aber nich‘ (ehrlich nicht, jedenfalls nicht klein!). Außerdem hat Leni alle Revanchefotos verbaselt. Und: Wir wollten das dämliche Foto gar nicht! Eine Stunde später wurde der Kollege dann von echten Centurios abgeführt… ich glaub wegen fehlender Aufenthaltserlaubnis… ich werde diese Militärs nie richtig verstehen…
Börsch und Gabriel |
Da die Welt klein ist und man sich bekanntlich always twice meetet, trifft dat Börsch unseren Freund Gabriel wieder. Den freundlichen Österreicher, der uns schon am Fiumicino-Flughafen mit Rat und Tat zur Seite stand, entdeckte Börsch in einer Traube Japano-Italiener zwischen Colosseum und Eingangsbereich des Forum Romanum. Ich freute mich sehr, musste jedoch laut lachen, weil Rom nun endlich auch nachweislich klein ist. Vermutlich sogar kleiner als die Welt! Gabriel war auf dem Weg von der Uni nach Hause, wo er sich noch mit weiteren Inhalten seiner Studien beschäftigen wollte, sollte, durfte oder musste. Wieder waren wir dankbar, Tipps aus erster Hand in verständlicher Sprache zu erhalten („Ich war noch nie im Colosseum, aber da hat‘s jederzeit Warteschlangen. Außer letzten Winter als 30cm Schnee gefallen sind und in Rom der Ausnahmezustand herrschte. Da war ausnahmsweise mal keine Schlange, oh Wunder, wär‘ ich da mal rein gegangen…“ Aber das ist ein anderer Blog, und sollte evtl. von Gabriel selbst verfasst werden…). Wir trennten uns schließlich in der Gewissheit, dass wir uns morgen sowieso wieder irgendwo über den Weg laufen…
Forum Romanum |
Dann betraten wir gegen 17:15 (eine Stunde vor Schließung) das Forum Romanum (12,00 EUR), und auch hier wieder: WOW! Hätte das Further Nordparkschwimmbad ähnlich talentierte Erbauer gehabt, wäre es bestimmt nicht einfach so geschlossen worden, nur weil es alt ist und kein Geld da war…
Man kann, wenn man will, jeden Stein dreimal rumdrehen (außer den sehr großen vielleicht), dann ist eine Stunde Aufenthalt zu knapp bemessen. Wenn jedoch das Ziel ist, Kultur auf stressfreiem Weg zu erleben, ist diese Tageszeit sehr zu empfehlen. Keine überfüllten Stolperpfade und außer ein par zahmen US-Italienern keine weiteren Störenfriede in der Nähe. Und nirgendwo Deutsche zu sehen! Sehr schön! Das Forum hat mich mit seiner wilden Schönheit mehr als begeistert. Geniale Baukunst, Romulus und Remus, Säulen, Steine… so und nich‘ anders!
ein(er von vielen) Stein(en) |
Heavy vor dem Tempel d. Romolus |
Als wir gegen 18:30 begeistert aber erschöpft das Forum verließen, um uns unserem wohlverdienten Feierabend zuzuwenden, war zumindest die Heimkehrstrategie klar: Mit der Linie B -> Rebibbia zurück zum Bhf Termini und von dort mit der Straßenbahn (Linie 5 oder 14) zurück zur Piazza di Porta Maggiore.
Börsch sitzt rum |
Noch ’ne Wegpizza für die Börsch eingepackt und ab nach Hause. Dann der Schock: Die Bahn war voll! Rappelvoll. Trotzdem stiegen an den folgenden Haltestellen weitere Fahrgäste ein. Irgendwann mittendrin sahen wir einen Supermarkt an der Haltestelle und stiegen nach Blickkontakt aus, um die Sardinenbüchse gegen wichtige Lebensmittel wie Brot, Bier und Balami einzutauschen.Die nächste Bahn war dann leerer und erträglich. Gegen 19:00 erreichten wir dann die Piazza di Porta Maggiore, von wo wir noch zu Fuß nach Hause liefen. Drei jungen Italienern, die uns nach Zigaretten fragten, bot ich drei Blättchen und Tabak an, worauf die auch noch Filter haben wollten… Hab ich nich‘ kapiert, aber die haben sich gefreut… Ich mich auch, denn wir helfen gern.
Zu Hause angekommen, ließen wir uns glücklich auf unserem Hotelbett nieder und vernaschten die soeben erworbenen Lebensmittel zu einem Feierabendbier, bzw. –radler. Jetzt pennt Börsch schon und ich muss immer noch arbeiten… macht aber auch einen Heidenspaß…
Heute war ein schöner Tag. Wenn ich groß bin, werd ich auch Colosseum, gute Nacht!
wir |