Müßiggang an Zee
Nach Kaffee, Frühstücksei und Käsebrötchen beschließen wir, den obligatorischen Einkauf als Erstes hinter uns zu bringen, um später noch ausreichend Zeit für Strand- und Müßiggang übrig zu haben. Außerdem müssen wir uns einen kostenfreien Parkplatz suchen, denn vor dem Haus sind die Parktickets ganz schön teuer. Liegt wohl an der perfekten, zentralen Lage…
Typisch. Da sind wir endlich mal in Zeeland, und was ist los in Middelburg? Natürlich ist für Samstag ein Techno-Festival angekündigt. Als wir nämlich später mit vollgepackten Lebensmittel-Rucksäcken vom Parkplatz zum Appartement laufen, sehen wir an jeder Straßenecke entsprechende Plakate. Auch die großen Partyzelte auf der Halbinsel am Wasser deuten auf was Großes hin.
Bei diesem Zufall wäre mein Bruder vermutlich im Technohimmel. Wir allerdings werden den Trubel zu umgehen wissen.
Später geht’s nach Oostkapelle an den Strand. Das Erlebnis kann man in wenigen Worte zusammen fassen: Sand. Ebbe. Sonne. Wind. Softeis. Bier. Schön!
Wobei… Heavys naturwissenschaftlicher Exkurs in die Thermodynamik sollte nicht unerwähnt bleiben. Immerhin musste ich 36 Jahre alt werden, bis mir endlich mal einer erklärt, warum Möwen sich so fantastisch gleiten lassen. Ehrlich gesagt ist es mir bis heute nicht einmal aufgefallen. Ganz schön erschreckend, wie beschränkt unsere Wahrnehmung doch manchmal ist. Und sie sind viel größer als ich sie in Erinnerung hatte!
Mein Thermometer im Auto zeigt heute 34°C an, was unfassbar ist. Es ist zwar warm, aber kein Vergleich zum Waschküchenklima im Rheinland. In der Nacht kühlt unser Appartement relativ schnell ab, sodass wir ganz gut schlafen können.
Samstagmorgen ist es deutlich kühler. Und trotzdem frühstücken wir wieder draußen.
Die Lärmkulisse besagten Techno-Festivals ist schon gegen Mittag kaum mehr zu ertragen. Mit angekündigten 22°C Höchsttemperatur ist heute kein Strandwetter. Wir beschließen einen Ausflug nach Veere, ein kleines Hafenstädtchen aus dem 15. Jahrhundert, dessen Flair mich bei jedem Zeelandbesuch aufs Neue in seinen Bann zieht.
Wir hätten uns das Getrödel „zuhause“ sparen sollen – im Hafen stehen jede Menge antiker Segelyachten, und auf der großen Wiese am Ufer findet eine Siegerehrung statt. Offensichtlich haben wir eine Oldtimer-Regatta verpasst. Schade. Auf diese Weise können wir allerdings ungestört vom Steg aus die Boote bewundern. Viele darunter sind wahnsinnig schön und erinnern mit ihrem hölzernen Charme an „Fluch der Karibik“.
Wir sehen uns noch den regulären Yachthafen an und wandern ein bisschen durch die kopfsteinbeflasterten Gassen. Es gibt viele einladende Restaurants und Straßencafés, darunter zwei mit Live-Musik, die Preise allerdings sind salziger als das Meerwasser… Also beschließen wir, es in Veere bei Kaffee und Bier in der Abendsonne zu belassen und woanders essen zu gehen. Das Essen ist auch ein bisschen zu exquisit für unseren Geschmack.
Ein weiteres Mal fahren wir also nach Oostkapelle und nutzen meine Ortskenntnisse für eine pragmatisch-effektive Lösung: Die Eckkneipe gegenüber der Kirche neben dem Supermarkt („De Babbelaar“) hat sich wirklich gemacht.
Heavys Lammkoteletts und mein Schweinefilet sind superlecker. Ich habe den Eindruck, zum erstenmal in meinem Leben in Holland „gut“ zu essen. Friteusenfraß und Pfannkuchen mal außen vor – die niederländische Küche ist einfalls- und geschmacklos, und um Italiener oder Asiaten mache ich in der Gegend einen großen Bogen. Heavy hat dieselben Erfahrungen gemacht. Deshalb sind wir positiv überrascht.
Auf dem Rückweg zum Appartement wird mir schmerzlich klar, dass wir am nächsten Morgen schon wieder zurück in die Heimat fahren. Kurzurlaube sind eben… kurz.
Aber: In zwei Wochen starten wir unsere 14tägige Rundreise nach Bayern. :-)