Hitzekollaps auf der Autobahn

Endlich Urlaub!
Wenn wir zwei verreisen, ist selbst eine Autofahrt nach Bayern alles Andere als lanweilig. Apropos Grad: Gestartet sind wir um 10.30 Uhr in Mönchengladbach bei geschmeidigen 29°C. Ich als alte Schattenpflanze hatte genau genommen da schon die Schnauze voll. Die Schlepperei aus dem dritten Stock und das Tetris-Gepuzzel von abertausend Dingen in meinen „kleinen“ Focus war für meinen Geschmack schweißtreibend genug. Dank den aufgeregten Erläuterungen meines Vaters zur Funktionalität von Gasflasche, Stromanschluss und Co. am Camper und gereizten Diskussionen zwischen Heavy und mir lagen meine Nerven spätestens bei der Abfahrt endgültig blank. Wie dem auch sei – 473km to go.
Unser erstes Ziel ist der Altmühlsee im fränkischen Seenland bei Gunzenhausen.

Dank Geschwindigkeitsbegrenzung für PKW mit Anhänger kamen wir fast langsamer voran als die Temperatur stieg. Bei 35°C angekommen, irgendwo auf einer Steigung zwischen Koblenz und Hockenheim, beschwerte sich der Bordcomputer zum ersten Mal über überhitztes Kühlwasser. Während Heavy gelassen blieb, geriet ich in Panik und hatte sofort Dollarzeichen in den Augen. Nicht schon wieder Autoreparatur, am Ende ein neuer Kühler, und am besten noch alles im Urlaub in einer teuren Markenwerkstatt… Genauso schnell wie die Temperaturanzeige in den roten Bereich geraten war, fiel sie dann wieder unter die 90°C-Marke, wo sie hingehört. Das Spiel wiederholte sich anschließend bei jeder Steigung. Weil ich zunehmend unruhiger wurde, fuhren wir an der nächsten Raststätte raus und telefonierten mit unseren fachkundigen Vätern, die sich einig darin waren, dass das bei den Temperaturen mit Gespann wohl nichts Ungewöhnliches ist und mein Kühler bei nächster Gelegenheit einfach nur aufgerüstet werden sollte. Wir sollten langsam fahren, „am besten mal die Klimaanlage ausschalten“ (ist klar…) und Ruhe bewahren. Zwischendurch Pause machen und den Motor runterkühlen lassen. Ich rollte mit den Augen.

Für mich war es ohnehin schon ein Zugeständnis an Heavy, mich bei angesagten 38°C allein für NRW ÜBERHAUPT auf die Autobahn gequält zu haben. Ohne Klima? Auf gar keinen Fall.
Wer Heavy kennt, weiß, dass er zu allen erdenklichen Gelegenheiten die passende Klebstoff- oder Folienlösung parat hat. Während ich also weiter in meinen irrationalen Kreiselgedanken gefangen war, „was alles passieren kann, wenn…“, kramte mein pragmatischer Freund aus mir unerklärlichen Gründen meinen Kofferraum von links nach rechts. Und – natürlich mit einer stoischen Ruhe trotz inzwischen 38°C. Wir standen in der prallen Sonne. Mit Reflektorfolie bewaffnet und einem zufriedenen Gesichtsausdruck kam sein Kopf wieder hoch, und sodann machte er sich damit an der Motorhaube zu schaffen. Er erklärte mir, dass er damit die Sonnenstrahlen abweisen werde und sich der Motor dann zumindest von außen nicht mehr so arg aufheizt. Wie hab ich nur all die Jahre ohne diesen MacGyver überlebt? Motorhaube verklebt, weiter geht’s.

…immer eine Lösung parat

Die Außentemperatur stieg auf 40°C, mit Klimaanlage war es halbwegs auszuhalten. Bei unseren Zwischenstopps war der erste Moment beim Aussteigen jedesmal ein Gefühl, in Ohnmacht zu fallen. Wir kamen nur langsam voran, die Autobahn stand kurz vor dem Kollaps. Überall Baustellen, Hitzeunfälle, Abschleppwagen… Gegen 17 Uhr erreichten wir endlich den lang ersehnten Mc Donald’s für das Häppchen zwischendurch. Heavy rollte auf den Parkplatz. Mit unserem Gespann war es etwas schwierig, einen Parkplatz zu finden. Also beschlossen wir, auf einer gestrichelten Linie neben den von zwei Seiten zu befahrenden Parkreihen zu parken. Im Restaurant war es angenehm kühl. Obwohl ich extrem hungrig war, fehlte mir der Appetit, und ich quälte mir die Pommes förmlich in den Bauch. Alles, um ein
bisschen länger bei gemäßigten Temperaturen sitzen bleiben zu können. Schnell noch zur Toilette, beim Händewaschen Arme, Rücken, Gesicht nass machen, und weiter geht’s.
Als wir auf den Parkplatz zurück kehrten und Heavy das Auto aufschloss, kam eine keifende Frau auf uns zugestürmt. „Sie ham fei Nerve…“ Was auch immer sie meinte. Ich jedenfalls hatte an diesem Tag alles andere als „Nerven“. Aber irgendwas schien vorgefallen zu sein, weshalb wir ihr zuhören mussten. Sie deutete mit dem Zeigefinger auf unseren Wohnwagen. Oder nein… sie deutete auf ihr Auto. Genau genommen auf die Kollision der beiden. Ihr Mann kam nun auch dazu und erklärte, er habe die Polizei gerufen, Fahrerflucht fände er unmöglich und überhaupt… Aufgrund der Hitze dauerte es eine Weile, bis
wir verstanden. Beim Umschiffen der Parkreihen hatte Heavy mit dem Caravanheck die Stoßstange des Mitsubishis touchiert und ist genau „an ihr“ stehen geblieben.
Das Bild war eigentlich zum Lachen, was ich mir natürlich verkniff. Kein Mensch ist so bescheuert und begeht auf diese Weise „Fahrerflucht“. Es war offensichtlich, dass wir den Zusammenstoß gar nicht bemerkt hatten. Heavy beruhigte das Paar und erklärte sich für schuldig. Der Mann wurde schnell freundlicher, die Frau brauchte etwas länger, um einzusehen, dass hier kein „böses Verbrechen“, sondern lediglich ein dummes Missgeschick passiert war. Mit seinem Charme konnte Heavy die Stimmung so drehen, dass der Geschädigte ihm schließlich anbot, mit 200 EUR auf die Hand alles auf sich beruhen zu lassen. Wir kamen also gar nicht soweit, uns zu fragen, welche Versicherung nun eigentlich zuständig wäre. Meine oder seine KFZ-Versicherung, die Wohnwagenversicherung oder doch die private Haftpflicht?
Am Wohnwagen war außer den alten Macken aus den Zeiten der Urlaube meiner Großmutter nichts zu erkennen, gutes altes robustes Teil.
Für Heavy war dies wohl das teuerste Mc-Menü seines Lebens…
Die letzten 150km verliefen unspektakulär. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit fiel die Temperatur wenigstens langsam, sodass wir bei um halb acht bei „nur noch“ 33°C unser Ziel erreichten. Unser erstes Date, meine Studienfreundin Melanie, gesellte sich eine halbe Stunde später zu uns und half uns beim Aufbau des Vorzeltes.
Danach kehrte ENDLICH Ruhe ein.
Wir machten einen kurzen Spaziergang zum Strand (150m vom Campingplatz entfernt) und kühlten uns erleichtert im See ab. Das Wasser hatte eine angenehme Temperatur.

Endlich Abkühlung!

Was für ein Tag!!!

Jetzt wird erstmal gefrühstückt. ;-)